
Forum Hochschule und Kirche (FHoK) unterstützt Brief an Bundeskanzlerin zur Seenotrettung
Das Forum Hochschule und Kirche (FHoK) ist Mitunterzeichner eines Briefs an Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Seenotrettung von Geflüchteten.
Angesichts der anhaltenden humanitären Krise im Mittelmeer unterstützt das FHoK den von über 250 weiteren Akteuren – darunter Organisationen wie „Ärzte Ohne Grenzen“, „PRO ASYL“ sowie Kommunen, Kirchengemeinden und diakonische Werke – mitunterzeichneten Brief.
Zentrales Anliegen des Briefes ist es, die Vielfalt der deutschen Zivilgesellschaft abzubilden, die hinter den konkreten Forderungen an die Bundeskanzlerin steht und sich gemeinschaftlich für ein Engagement in der Seenotrettung auszusprechen. Denn die „Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und das Recht auf Leben nicht verhandelbar“, wie das Schreiben betont.
“Die Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und das Recht auf Leben nicht verhandelbar.”
aus dem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel
Kernforderungen des Briefes sind:
- Notfallplan für Bootsflüchtlinge: Bootsflüchtlingen soll nach Anlandung in einem sicheren europäischen Hafen eine menschenwürdige Aufnahme und Zugang zu einem fairen Asylverfahren gewährt werden. Hier braucht es einen Relocation-Mechanismus, der die Menschen auf die derzeit noch aufnahmebereiten Staaten verteilt.
- Aufnahmebereite Kommunen stärken, „Sichere Häfen“ ermöglichen: Zahlreiche deutsche Städte und Gemeinden haben sich in den vergangenen Monaten zum „Sicheren Hafen“ erklärt und ihre Aufnahmebereitschaft signalisiert. Für sie soll eine Möglichkeit geschaffen werden, zusätzlich freiwillig Schutzsuchende im Rahmen eines europäischen Relocation-Programms aufzunehmen.
- Keine Rückführungen nach Libyen: Nach Libyen zurückgebrachte Bootsflüchtlinge sind vielfach Folter und Gewalt ausgesetzt. Sogenannte Pull-Backs – das Abfangen und gewaltsame Zurückbringen von Flüchtlingsbooten nach Libyen – verletzen internationales Recht. Daraus ergibt sich auch die Verpflichtung für die Bundesregierung und die EU, jede Unterstützung der sog. „Libyschen Küstenwache“ einzustellen.
„[…] ein deutliches Zeichen für humanitäres Handeln, das aus Sicht des christlichen Menschenbildes alternativlos ist.“
Dr. Lukas Rölli, Geschäftsführer des FHoK
Dr. Lukas Rölli, Geschäftsführer des FHoK, sieht in dem Engagement für Geflüchtete „ein deutliches Zeichen für humanitäres Handeln, das aus Sicht des christlichen Menschenbildes alternativlos ist.“ Dazu wollten sich auch Studierende und Verantwortliche in vielen Hochschulgemeinden klar bekennen.
„Es ist lebendiger Ausdruck der christlichen Nächstenliebe, wenn viele katholische Hochschulgemeinden in Deutschland Beiträge zur Integration von Geflüchteten leisten. Daher unterstützen wir als Dachorganisation der katholischen Kirche an den Hochschulen den Brief an die Bundeskanzlerin“, so Rölli.
Katholische Hochschul- und Studierendengemeinden setzen sich bereits seit Längerem in der Arbeit für Geflüchtete ein. Die bereits am 9. September 2015 von der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden (AKH) und der Konferenz für Katholische Hochschulpastoral (KHP) verabschiedete „Erklärung zu Flucht und Migration“ oder die am 22. Oktober 2016 eröffnete Aktionswoche der AKH zu „Flucht und Migration“ bieten u. a. einen Einblick in die vielfältigen Engagementformen der katholischen Hochschulpastoral für Geflüchtete.
Der vom FHoK mitunterzeichnete Brief für Sie zum Download als PDF
Der vom FHoK mitunterzeichnete Brief für Sie zum Nachlesen:
Drei Forderungen aus der Zivilgesellschaft: Notfallplan für Bootsflüchtlinge / „Sichere Häfen“ ermöglichen / Keine Rückführung nach Libyen
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
in den vergangenen Wochen hat Deutschland, gemeinsam mit anderen europäischen Staaten, immer wieder Menschen aufgenommen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden. Wir sehen dieses Engagement und begrüßen es, dass die Bundesrepublik bei anderen EU-Mitgliedstaaten für einen ad-hoc Verteilmechanismus für diese Menschen wirbt.
Wir, die Unterzeichnenden, setzen uns auf unterschiedliche Weise für eine menschenrechtsbasierte, solidarische Flüchtlingspolitik ein – als Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, humanitäre Hilfsorganisationen, Seenotrettungsorganisationen, Kommunen, Unternehmen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Bewegungen und Bündnisse.
Wir sind erschüttert angesichts der gegenwärtigen europäischen Politik, die immer stärker auf Abschottung und Abschreckung setzt – und dabei tausendfaches Sterben billigend in Kauf nimmt. All diese Menschen haben Schutz und eine menschenwürdige Zukunft für sich und ihre Familien gesucht.
Die Pflicht zur Seenotrettung ist Völkerrecht und das Recht auf Leben nicht verhandelbar. Diese Verantwortung trifft in erster Linie die EU und ihre Mitgliedstaaten; sie müssen eine völkerrechtsbasierte Seenotrettung auf dem Mittelmeer gewährleisten. Sie haben sich auch dazu verpflichtet, Schutzsuchenden Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu gewähren. Für all dies sind wir gemeinsam mit zehntausenden Menschen in den vergangenen Monaten bundesweit auf die Straße gegangen.
Dass zivile Helfer*innen kriminalisiert werden, die der unterlassenen Hilfeleistung der europä-ischen Staaten nicht tatenlos zusehen wollen, ist ein Skandal. Diese Politik muss beendet werden, denn sie bedroht nicht nur das Leben von Menschen, sie setzt auch unsere eigene Humanität und Würde aufs Spiel. Und sie beschädigt das Vertrauen in den Rechtsraum und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten. Daher bedarf es einer Neuausrichtung der deutschen und europäischen Politik.
Wir wenden uns an Sie als eine Kanzlerin, die in einem kritischen Moment einen Entschluss gefasst hat, europäisch zu handeln. Die folgenden Maßnahmen weisen aus unserer Sicht Wege aus der derzeitigen humanitären Katastrophe und der politischen Krise. Jetzt, kurz vor den Europawahlen 2019, sind sie wichtiger denn je.
1. Notfallplan für Bootsflüchtlinge: Die Bundesregierung verhandelt bereits mit anderen europäischen Staaten über ein ad hoc Verteil- und Aufnahmeverfahren (Relocation) für im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge. Mehrere europäische Staaten sollen sich unter Koordinierung der EU-Kommission zusammenschließen und die Menschen unter Anwendung der Humanitären Klausel der Dublin-Verordnung nach einem vorher festgelegten Schlüssel verteilen. Den Schutzsuchenden muss nach Anlandung in einem sicheren europäischen Hafen eine menschenwürdige Aufnahme und Zugang zu einem fairen Asylverfahren gewährt werden. Der Europäische Flüchtlingsrat hat dazu einen praktikablen Vorschlag gemacht.
Wir appellieren an Sie, schnellstmöglich einen solchen Notfallplan für Gerettete und andere über das Mittelmeer ankommende Schutzsuchende umzusetzen.
2. „Sichere Häfen“ ermöglichen: Wir bitten die Bundesregierung, aufnahmebereiten Kommunen in unserem Land die freiwillige Aufnahme von zusätzlichen Schutzsuchenden in einem europäischen Relocation-Verfahren zu ermöglichen. Zahlreiche deutsche Städte und Gemein-den haben sich in den vergangenen Monaten zum „Sicheren Hafen“ erklärt und ihre Aufnahmebereitschaft signalisiert. Für sie muss eine Möglichkeit geschaffen werden, über ihre Aufnahmepflicht gemäß Königsteiner Schlüssel hinaus, zusätzlich freiwillig Schutzsuchenden aufzunehmen – entweder auf Grundlage bestehender oder neuer rechtlicher Regelungen.
3. Keine Rückführungen nach Libyen: Die EU und die Bundesrepublik müssen das Non-Refoulement-Gebot als zwingendes Völkerrecht achten und umsetzen. Wir bitten Sie, dieses Gebot deutlich gegenüber anderen Staaten zu verteidigen. Das Verbot der Zurückweisung in eine Bedrohungssituation verlangt, dass gerettete Menschen an einen sicheren Ort gebracht werden. Einige der südlichen Mittelmeeranrainer bemühen sich Asylsysteme aufzubauen. Auf-grund der fehlenden rechtsstaatlichen Garantien kann ein sicherer Ort bis auf weiteres jedoch nur in der EU liegen.
Nach Libyen zurückgebrachte Menschen sind systematisch Folter, Versklavung und Gewalt ausgesetzt, wie Sie aus UN- und Botschaftsberichten wissen. Dementsprechend darf es keine Rücküberstellungen nach Libyen geben. Daraus ergibt sich auch, dass die Bundesregierung und die EU jede Unterstützung und Ausbildung der sog. Libyschen Küstenwache einstellen müssen. Diese fängt fliehende Menschen erwiesenermaßen auf hoher See ab und bringt sie mit Gewalt nach Libyen zurück. Auch andere Staaten dürfen nicht dabei unterstützt werden, schutzsuchende Menschen abzuwehren, in Gefahr zurückzudrängen oder unter unmenschlichen Bedingungen festzuhalten.
Wir richten diese Forderungen an Sie verbunden mit der Zusicherung, dass wir nicht nachlassen werden, uns mit aller Kraft für politische Lösungen einzusetzen, die von Humanität geleitet sind.
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